Stand 20.01.2024 - Dr. Erhard Henkes

Wechselspiel zwischen Energie und Materie
Das Leben basiert auf chemischen Reaktionen

1. Physik liefert die Elementarteilchen für die Chemie

"Die kleinste Einheit ist ein Atom." Das lernte man in der Schule, als man bereits wusste, dass Atome aus Protonen, Neutronen und Elektronen bestehen.
In meiner Schulzeit (ca. 1970) informierte man uns über diese Kernbausteine und die sie umgebende Elektronenhülle. Man erzählte uns allerdings nichts über die Quarks, die damals schon bekannt waren. In der Schule bleibt man gerne hinter dem Fortschritt der Naturwissenschaften zurück, um die Schüler nicht zu verwirren.

Chemie ist vor allem eine empirische Wissenschaft. Die Chemiker sind weit davon entfernt, beliebige chemische Reaktionen gezielt berechnen zu können. Hat der Chemiker ein Zielmolekül vor Augen, so führt er aufgrund von bekannten Reaktionsmechanismen eine Vielzahl von Experimenten durch, um zu diesem Wunschmolekül zu gelangen. Vielleicht schafft er es nie oder nur in geringer Ausbeute. Es gibt momentan noch keine allgemein anwendbare Formel, die den optimalen Weg von den Edukten zu den Produkten vorher sagt. Das ist allerdings nicht verwunderlich. Selbst beim Schachspiel, bei dem nur wenige Figuren auf einem überschaubaren Brett mit lediglich 8 * 8 = 64 Feldern stehen und sämtliche Regeln exakt festgelegt und daher umfassend bekannt sind, gibt es keine Formel zur Berechnung des besten Zuges in einer vorgegebenen Position. Selbst für den ersten Zug von Weiß gibt es nicht den besten Zug!

Gleichzeitig suchen die Physiker die Weltformel, Chemiker die theoretische Berechnung von Reaktionspfaden, Schachcomputerexperten die Formel für den besten Schachzug. In der Biochemie steht man staunend noch weitgehend am Anfang. Für engagierte Forscher gibt es somit sowohl in der Theorie als auch in der Praxis noch viel zu entdecken. Mit dieser Mischung aus Bescheidenheit und Neugier sollte man sich den Naturwissenschaften nähern.

2. Materie besteht vorwiegend aus leerem Raum und Energie

Zum Verständnis von Materie muss man sich zunächst von makroskopischen Begriffen lösen und sich geistig in das Innere der Materie hinein versetzen. Nehmen wir ein Eisengewicht mit einer Masse von 1 kg in die Hand, so haben wir durch die relativ hohe Dichte (7,9 g/cm³) das Gefühl, einen sehr kompakten und einheitlich aufgebauten Gegenstand in Händen zu halten. Eisen ist mit dieser Dichte ein Schwermetall im Gegensatz zu Leichtmetallen. Die willkürliche Trennlinie wird per Definition im Dichtebereich von 4,5 bis 5,0 g/cm³ gezogen.

Eisen ist ein wichtiges Element für Lebewesen. Man findet es in den roten Blutkörperchen. Als Zentralatom im Hämoglobin und Myoglobin ist es in der Lage Sauerstoff, der z.B. bei Menschen in der Lunge angeboten wird, als Ligand so anzulagern, dass dieser nach dem Transport zu den Zellen wieder leicht abgegeben werden kann. Eisen ist weiterhin Bestandteil in verschiedenen Enzymen.

Wie sieht die uns bisher bekannte Wirklichkeit aus? Was wissen wir über 1 kg Eisen?
Eisen besteht aus Eisenatomen, also nicht aus Molekülen. Moleküle bestehen aus zwei oder mehr Atomen, die durch ausreichend starke Bindungskräfte miteinander in Verbindung bleiben. Die geometrische Anordnung der Atome des Eisens liegt im Festkörper in folgenden Modifikationen vor:

alpha-Eisen:  kubisch-raumzentriert     (bcc) bis  911°C stabil,

gamma-Eisen:  kubisch-flächenzentriert  (fcc) bis 1401°C stabil,
delta-Eisen: 
kubisch-raumzentriert     (bcc) bis 1535°C (Schmelzpunkt).

Mit der kubisch-raumzentrierten (bcc) Packung bei Raumtemperatur ist eine Raumerfüllung mit Eisenatomen von 68 % gegeben.
Mit der kubisch-flächenzentrierten (fcc) Packung bei 911-1401°C ist eine Raumerfüllung mit Eisenatomen von 74 % gegeben.

Bis zum Curiepunkt (760 °C) ist Eisen magnetisch. Die nicht magnetische Modifikation zwischen 760 °C und 911 °C wird daher auch β-Eisen genannt.

Wieviele Eisenatome benötigt man für 1 kg Eisen?
Die Atommasse beträgt 55,845 g/mol. Also rechnen wir 1000 g / 55,845 g/mol = 17,907 mol.
Nun müssen wir nur noch wissen, wieviele Teilchen ein Mol bilden?

Ein Mol ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebensoviel Einzelteilchen besteht, wie Atome in 12 Gramm des Kohlenstoffnuklids 12C enthalten sind. Dieser Zahlenwert heißt Avogadro-Konstante: ca. 6,022 · 1023 (Teilchen/mol).

Nun können wir die Zahl der Atome in 1 kg Eisen berechnen: 17,907 mol * 6,022*1023 Teilchen/mol = 1,078 * 1025 Teilchen.
Eine hohe Zahl an einzelnen Atomen.

Wie groß ist denn so ein Eisenatom?
Der Atomradius des Eisens liegt bei ca. 0,14 nm.

Wie stellt man sich nun so ein Atom vor?
Als metallisch glänzende winzige kompakte Kugel? Wenn das so wäre, würde unser 1kg-Eisengewicht vor uns zerfließen und einen riesigen See von Eisenatomkügelchen mit einem Durchmesser von unter 1 nm bilden. Wir wissen, dass man selbst mit einem Hammer diesen Eisenblock nicht auseinander schlagen kann. Um Eisen zu trennen, bedarf es einer guten Säge und viel Kraft. Zur Verformung benötigt man Hitze und Kraft. Eisenatome halten folglich gut zusammen.
Die metallischen Eigenschaften sind eine makroskopische Eigenschaft und helfen uns beim Verständnis des Eisenatoms nicht wirklich weiter. Gehen wir eine Ebene tiefer. Wir wissen seit etwa einem Jahrhundert, dass Atomkerne aus Protonen und Neutronen bestehen. Der Kern ist von Elektronen umgeben. Die Zahl der Elektronen ist beim neutralen Atom identisch mit der Zahl der Protonen. Protonen tragen jeweils eine positive Elementarladung und Elektronen jeweils eine negative  Elementarladung.

Wie viele Elektronen, Protonen und Neutronen hat ein Eisenatom?
Ein Eisenatom verfügt über 26 Elektronen und besitzt wegen der Ladungsneutralität somit auch 26 Protonen.
Diese Zahl 26 nennt man auch Ordnungszahl oder Kernladungszahl des Elementes.

Wieviele Neutronen hat ein Eisenatom?
Diese Zahl schwankt beim normalen Eisen zwischen 28, 30, 31 und 32. Man hat hier nämlich ein Gemisch folgender "Isotope" vorliegen:

 5,80%  54Fe (28 Neutronen)
91,72%  56Fe (30 Neutronen)
 2,20%  57Fe (31 Neutronen)
 0,28%  58Fe (32 Neutronen)
 
Das erklärt, warum das Molgewicht niedriger als 56 g/mol - nämlich 55,845 g/mol - ist. Chemisch reagieren diese Eisen-Isotope gleich, da die Elektronenkonfiguration identisch ist. Die Zahl der Neutronen bestimmt das kernphysikalische Verhalten, nicht das in der Chemie beobachtete Verhalten der Elektronenhülle.

Schauen wir uns nun das häufigste Eisenatom, nämlich 56Fe, genau an. Fassen wir noch einmal zusammen: 26 Protonen, 30 Neutronen, 26 Elektronen.
Zum Vergleich: Man geht davon aus, dass das uns bekannte Universum etwa 1080 Protonen enthält.

Wir beschaffen uns zunächst die bekannten physikalischen Daten dieser "Elementarteilchen":

           Ruhemasse          Radius           Ladung      Quarks
Proton     1,6726*10-27 kg     ca. 10-15 m        1e         uud
Neutron    1,6749*10-27 kg     ca. 10-15 m        keine      udd
Elektron   9,1094*10-31 kg     ca. 10-19 m       -1e         "Elementarteilchen"

Zum Vergleich: Der Atomradius von Eisen liegt bei ca. 1,410-10 m.

Mit diesen Größenordnungen der Radien wird der Aufbau des Eisenatoms klarer:
In der Mitte befindet sich der Atomkern mit einer Größenordnung von 10-14 bis 10-13 m. Der Kern ist also etwa 10000 bis 1000 mal kleiner als das gesamte Atom. Zwischen Kern und Außenhülle herrscht eine ausgedehnte "Leere". Irgendwo in diesem aus Sicht des Elektrons riesigen Atoms existieren 26 "als Partikel gesehen" (das ist nur eine leicht vorstellbare Sicht, besser ist die Sicht als elektromagnetische Welle) winzige Elektronen, die im Vergleich zum gesamten Atom etwa um den Faktor eine Milliarde kleiner sind.
In seinem berühmten Streuversuch entdeckte Ernest Rutherford durch Beschuss von Goldfolie mit alpha-Teilchen ( Helium-Atomkern, 4He2+ ) im Jahr 1911 aufgrund der geringen Ablenkungsrate, dass die Atome zum größten Teil aus Nichts - also freiem Raum - bestehen und die Materie in sehr kleinen Kernen konzentriert ist.

Fazit: Materie besteht überwiegend aus "leerem" Raum!

Sind Protonen und Neutronen elementare Teilchen?
Nein! Während Elektronen zur Zeit als elementare Teilchen gelten, stellt man sich Protonen und Neutronen aufgebaut aus Quarks vor. Ein Proton wird im Quark-Modell aus zwei Up-Quarks und einem Down-Quark gebildet. Zählt man die bekannte Masse der drei Quarks zusammen, erkennt man, dass sie nur etwa 20% der Masse des Protons liefern. Die quantitative Beschreibung liefert die Relativitätstheorie, nach der für Masse und Energie die berühmte Gleichung

E = mc
2


gilt. Der überwiegende Teil der Masse des Protons stammt somit nicht aus der Masse seiner elementaren Teilchen, sondern entspringt der Energie der Bindung zwischen ihnen! Versucht man Quarks zu isolieren, so gelingt dies unter den eingesetzten Laborbedingungen nicht. Energie ist wahrscheinlich das "Elementarste" und die verschiedenen Teilchen wie Quarks, Elektronen, deren Antiteilchen und "Bindungsenergie" bzw. Austauschteilchen wären dann nur eine "materielle" Erscheinungsform von Energie.

Solange es keine gesicherte "Grand Unification Theory" (elektromagnetische, starke und schwache Wechselwirkung) oder gar "Theory of Everything" (inclusive Gravitation) gibt, kann man nur auf das derzeitige Standardmodell der Elementarteilchen verweisen, das jedoch ebenfalls nicht völlig abgesichert und verstanden ist.

Warum werden die positiv geladenen Protonen im Atomkern nicht durch Coulomb-Kraft (elektrische Ladung) voneinander abgestoßen?
Die starke Kernkraft - eine der vier Grundkräfte - wirkt nur auf Quarks und Teilchen, die aus Quarks aufgebaut sind, d.h. Mesonen und Baryonen. Diese Teilchen werden auch unter dem Begriff Hadronen zusammengefasst. Hadronen sind stark gebundene Objekte. Nach außen ist wenig von ihren "Farbladungen" zu bemerken. In diesem Sinne ähneln sie einem Atom, das nach außen elektrisch neutral erscheint. Bringt man zwei Baryonen nahe zusammen, so greift eine "Restwechselwirkung" der starken Kernkraft, die wesentlich schwächer ist als die direkte starke Kernkraft aber stärker als die elektrische Abstoßung zwischen Protonen. Auf diese Weise bewirkt diese Kraft den Zusammenhalt der Protonen und Neutronen im Atomkern.

3. Elementumwandlungen gehören zur Physik nicht zur Chemie

Der große Traum der Alchimisten war es, Gold durch Umwandlung aus anderen Elementen herzustellen. Es konnte nicht gelingen, denn chemisch ist dies nicht möglich. Chemie spielt sich in der Elektronenhülle und nicht im Atomkern ab. Veränderungen der Atomkerne gehören zum Bereich der Physik. Auf diesem Wege kann man Elemente ineinander umwandeln. Ein prominentes Beispiel ist der radioaktive Zerfall von Uran über Radium zu Blei:

siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-Radium-Reihe

... und die Kernreaktionenen in der Sonne:
PP-Zyklus: https://de.wikipedia.org/wiki/Proton-Proton-Reaktion
... und CNO-Zyklus: https://de.wikipedia.org/wiki/Bethe-Weizs%C3%A4cker-Zyklus
 
Hierbei entstehen aus Wasserstoffkernen schwerere Elemente wie Helium, Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff.



4. Elektronen - die Basis für chemische Reaktionen

Die Masse des Elektrons beträgt etwa 1/1836 der Masse des Protons. Die gesamte Masse des Atoms ist damit auf einen winzigen Punkt, nämlich den Atomkern, konzentriert. Die Bindung der Elektronen an ihren "leeren Raum" um den Atomkern herum erfolgt durch elektrische Anziehung zwischen positiv geladenen Protonen und negativ geladenen Elektronen.

Was sind Elektronen, wie verteilen sich diese im Eisenatom?
Bezüglich der "Elektronenkonfiguration" gibt es verschiedene Theorien. Die Atomorbitaltheorie sieht das Elektron als elektromagnetische Welle und nicht als kleines Teilchen. Man unterscheidet hierbei verschiedene Orbitale und damit verbundene Energiezustände, die mit Elektronen besetzt werden können.

Beim Eisenatom kann man die Verteilung der Elektronen wie folgt in Kurzform aufschreiben: 1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 3d6 4s2.
Die hoch gestellten Zahlen sind die Anzahl der Elektronen in den jeweiligen Orbitalen und ergeben zusammen 26 Elektronen.
Die Chemie eines Atoms wird durch die Elektronenkonfiguration bestimmt.

Daher sollte man zunächst alles über das Elektron in Atomen und Molekülen wissen, was die moderne Physik zu bieten hat.

Elektronen sind Leptonen, besitzen einen Spin von ±1/2. Elementarteilchen mit solchem Spin gehören zur Klasse der Fermionen. Das Positron ist das entsprechende Antiteilchen. Das Elektron hat eine elektrische Ladung, die man als "Elementarladung" bezeichnet (freie Teilchen sind neutral oder besitzen ein ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung. Die Ladung der Quarks beträgt interessanterweise ein ganzzahliges Vielfaches eines Drittels der Elementarladung).

Das Elektron wird in der Physik als Welle gesehen, aber auch als Teilchen. Man spricht hier in der modernen Physik vom Welle-Teilchen-Dualismus.
Einen Fortschritt in der Betrachtung des Elektrons im Atom brachte die Quantenmechanik. Quantenmechanik und Allgemeine Relativitätstheorie stehen jedoch noch im Widerspruch bezüglich eines Teilchens in der Nähe eines Schwarzen Lochs (Singularität). Gemäß der Allgemeine Relativitätstheorie wird ein solches Teilchen in einen Zustand unendlicher Dichte gequetscht. Gemäß der Quantenmechanik wird das Partikel eine Unsicherheit in der Position behalten. Somit kann es die Singularität nicht erreichen und damit dem totalen Kollaps (unendliche Dichte) entkommen. Dieser Gegensatz entsteht durch die Wirkung extrem hoher Gravitationskräfte. Hier haben Physiker im Rahmen der Vereinheitlichung noch eine harte Nuss zu knacken.

Mit dem Ansatz einer Wellenfunktion für das "freie Elektron" gelangt man (unter Elimierung der Zeit) zur grundlegenden Gleichung für die theoretische Chemie, nämlich der stationären Schrödingergleichung (hier die Darstellung in Abhängigkeit der x-Achse).


Um die Herleitung und Bedeutung dieser berühmten und wichtigen Gleichung zu verstehen, sollte man folgende physikalischen Zusammenhänge nutzen, die durch Kombination klassischer Mechanik und Welle-Teilchen-Dualismus möglich sind:

Gesamtenergie = kinetische Energie + potenzielle Energie
Eges = Ekin + Epot = Ekin + V      

Kinetische Energie
Ekin = p2 / 2m                              

Impuls
p = mv                                          

Planck/Einstein/de Broglie (Wellen-Teilchen-Dualismus):
Ekin = hf = pc
c2 = 1 / ( p2 / Ekin2 )  = 1 / ( 2m (Eges-V) / (hf)2 )

Setzt man diese Zusammenhänge in die allgemeine Wellengleichung ein, so erhält man zunächst die ort- und zeitabhängige Schrödingergleichung, die man dann in die zeitunabhängige, d.h. stationäre, Schrödingergleichung umwandelt.

Das Quadrat des Betrages dieser "Wellenfunktion" |ψ(x)|2 versteht man als "Wahrscheinlichkeitsdichte" des "Teilchens", das als Welle beschrieben wird, hier das Elektron. Dieser Ansatz führt zu den Atomorbitalen, die diese Wahrscheinlichkeitsdichte für den Betrachter räumlich visualisieren.

Bis hierher haben wir das Teilchen als stationäre Welle beschrieben. Entscheidend ist nun das Verständnis für die räumliche Verteilung und die Quantisierung der erlaubten Energiezustände. Am besten kann man dies am berühmten Beispiel des "eindimensionalen Potenzialkastens" verstehen. Ein Teilchen, z.B. unser Elektron, darf sich nur entlang einer x-Achse zwischen zwei Wänden mit unendlich hoher potenzieller Energie bewegen. Die Frage ist nun, wo sich das Teilchen befindet und wie sein energetischer Zustand bei Zuführung bzw. Abgabe von Energie ist.

Hierbei ergeben sich durch Lösung der Schrödingergleichung mit diesen Randbedingungen folgende Zusammenhänge, die alle im Gegensatz zur klassischen Mechanik stehen:

1) Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist nicht gleichverteilt.
2) Nicht alle Energiezustände sind erlaubt, sondern nur bestimmte "quantisierte" Energieniveaus.
3) Der Grundzustand ist stabil, denn das Teilchen kann keine weitere Energie abgeben.


Ist das Potenzial der Wände nicht unendlich, sondern endlich, so ergibt sich der sehr interessante "Tunneleffekt", der eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit des "Teilchens" auch außerhalb der Barriere  beschreibt.
Ein typisches Anwendungsbeispiel ist das Rastertunnelmikroskop.

Das "Teilchen" als Welle, die Quantisierung "erlaubter" Energieniveaus und der Tunneleffekt sind wesentliche Fundamente im Verständnis des Atomaufbaus.

In der theoretischen Chemie verwendet man das Orbitalmodell zum Verständnis von Atomen und Molekülen seit vielen Jahren ziemlich erfolgreich.
Die nachfolgende Abbildung zeigt das s-, die drei p- und die fünf d-Orbitale:

siehe: http://www.chemieseite.de/allgemein/ao.png


Hier wird der "Vielteilchenzustand" der Elektronen der untersuchten Atome einfach als Summe der "Einteilchenzustände" der Elektronen betrachtet. Das Modell vernachlässigt die gegenseitige Coulomb-Abstossung der Elektronen und die Wechselwirkung der Bewegungen der Elektronen bezüglich der Bewegung des Atomkerns. Man erhält dennoch eine weitgehend korrekte Beschreibung der Energieniveaus des Atoms.

Dieses vereinfachte Modell liefert dem Chemiker Quantenzahlen und "Orbitale" als räumliches Modell für die "Elektronenverteilung". Einfache Merkregeln wie Elektronenkonfigurationen, Hund'sche Regeln, Oktettregel und magische Zahlen werden durch dieses quantenmechanische Modell untermauert.

Durch einfache Linearkombination mehrerer Atom-Orbitale erhält man Molekülorbitale.

Die MO-Theorie erklärt reale Zustände sehr gut. Nehmen wir das Sauerstoffmolekül als erfolgreiches Beispiel:
Die zwölf (zwei mal sechs) Valenzelektronen des Sauerstoffmoleküls verteilen sich auf vier bindende (σs, σx, πy, und πz) und drei antibindende Molekülorbitale (σs*, πy*, πz*). Dies erklärt den Bindungsabstand von 121 pm und die Bindungsenergie von 498 kJ/mol besser als das klassische Modell mit der "Doppelbindung". Zusätzlich versteht man mit dieser Theorie den beobachteten Paramagnetismus und die radikalischen Reaktionen des Sauerstoffmoleküls, denn nun findet man zwei ungepaarte Elektronen in den antibindenden pi-Molekülorbitalen.

Einen eindrucksvollen Versuch zum Thema Paramagnetismus von flüssigem Sauerstoff findet man in diesem Video.

Die Bindung der Elektronen an Atome oder Moleküle ist unterschiedlich stark ausgeprägt. Eine wichtige Kennzahl bei Atomen ist die sogenannte "Elektronegativität", die im Periodensystem der Elemente wegen ihrer Bedeutung typischerweise aufgeführt wird. Das elektronegativste Element ist Fluor, dessen Atome ein Elektron begierig zur Erreichung des Elektronen-Oktetts aufnehmen. Auf der Gegenseite steht Cäsium, das als Alkalimetall sein einsames Elektron gerne abgeben möchte, um ein Elektronen-Oktett zu bilden.

Ein überzeugendes Experiment ist die Reaktion von Alkalimetallen mit Wasser.
Je geringer die Elektronegativität, desto heftiger findet die nachfolgende Reaktion unter Bildung von gasförmigem Wasserstoff statt:     

M        --> e-  + M+
H2O + e- --> HO- + 1/2 H2


5. Pauli-Prinzip, Hundsche Regel und Periodensystem

Das Orbitalmodell verleiht einem Elektron vier Quantenzahlen:
Den Aufbau des Periodensystems versteht man, wenn man das Orbitalmodell und folgende Regeln kennt:

5.1. Pauli-Prinzip

Das Pauli-Prinzip gilt streng für Fermionen (Teilchen mit halbzahligem Spin), allerdings nicht für Bosonen, und lautet:

Ein Atom darf keine Elektronen enthalten, die in allen vier Quantenzahlen übereinstimmen.

Ein Elektronenorbital darf daher nur von maximal zwei Elektronen mit unterschiedlichem Spin besetzt sein.

In der Astronomie wird durch das Pauli-Prinzip erklärt, dass alte Sterne, wie zum Beispiel weiße Zwerge oder Neutronensterne, nicht unter ihrer eigenen Gravitation zusammenbrechen.
Hierbei erzeugen die Fermionen einen Gegendruck, der einer weiteren Kontraktion entgegenwirkt.

5.2. Hundsche Regeln

In der Chemie wird von den vier Hundschen Regeln, vor allem folgende Regel genannt:

Wenn für die Elektronen eines Atoms mehrere Orbitale mit gleichem Energieniveau zur Verfügung stehen, werden diese zuerst mit je einem Elektron mit parallelem Spin besetzt. Anschließend werden sie durch ein zweites Elektron (mit unterschiedlicher Spinquantenzahl) aufgefüllt.

Zu dieser Regel gibt es allerdings Ausnahmen (in den Nebengruppen). 

5.3. Periodensystem der Elemente

Das sogenannte Periodensystem stellt die "Ordnung" der chemischen Elemente vereinfacht für s-, p- und d- und f-Orbitale dar.

Es gibt daneben ein "erweitertes Periodensystem", das s-, p-, d-, f- und g-Orbitale und damit auch Elemente jenseits der Kernladungszahl 118, nämlich bis 218, umfasst. Wer sich dafür interessiert, wie f- und g-Orbitale räumlich aussehen, sei auf folgende Seite mit Atomorbitalen verweisen.

6. Moleküle - die verschiedenen Bindungsarten

Eines der wirklich schwierigen Themen ist die Bindung zwischen Atomen. Die MO-Theorie hat hier unsere Vorstellungen verfeinert, aber man unterscheidet auch heute noch grob in folgende Kategorien:

6.1. Kovalente Bindung:
Bei der vereinzelten Verbindung (keine "Gitter") von Nichtmetallen untereinander entstehen einzelne Moleküle. Die Atome teilen sich Elektronen, um den besonders stabilen "Edelgaszustand" anzustreben. Ein typisches Beispiel ist molekularer Wasserstoff. Verbinden sich zwei Wasserstoffatome, so wird durch Bildung des Wasserstoffmoleküls eine Energiemenge von ca. 436 kJ/mol frei.

6.2. Ionenbindung:
Die elektropositiven Atome geben ihre Außenelektronen an die elektronegativen Atome ab. Positive und negative Ionen bilden ein Kristallgitter. Natriumchlorid ("Kochsalz") ist der typische Vertreter dieser Gruppe. Die klassische Verbindung zwischen Metallen und Nichtmetallen. Die frei gesetzte Energiemenge bei der Verbindung von Natrium und Chlor liegt in der gleichen Größenordnung, die angebebenen Daten hängen stark von den Randbedingungen ab.

6.3. Metallbindung:
Die Atome trennen sich von ihren Außenelektronen und formen ein sogenanntes "Metallgitter". Innerhalb dieses Gitters sind die freien Elektronen gut beweglich. Dies führt zu den metallischen Eigenschaften wie Wärme- und Elektro-Leitfähigkeit. Gold ist wohl das beliebteste Metall. Bezüglich der "entarteten" Elektronen spricht man aufgrund der Mobilität von "Elektronengas" oder "Fermigas".

6.4. Ligandbindung:

Ein Ligand bindet sich hierbei koordinativ an ein Zentralatom. Die Bindungselektronen stammen hierbei nur vom Liganden. Das Zentralatom - meist ein Metallion - weist dabei in seiner Elektronenkonfiguration Lücken auf. Die theoretische Beschreibung erfolgt durch die Ligandenfeldtheorie.
Ein bekanntes Beispiel ist der eisenhaltige rote Blutfarbstoff  und Sauerstoff-Carrier Hämoglobin. Es gibt neben Eisen noch andere Zentralatome in biologischen sauerstoffbindenden Komplexen, zum Beispiel Kupfer, Mangan und Vanadium.


7. Biochemie


Physik und Chemie helfen uns die wissenschaftlichen Grundlagen für das Leben auf der Erde zu verstehen. Hierbei findet man eine Komplexität, die immer wieder die Frage nach ihrer Entstehung aufwirft. Man geht davon aus, dass das erste Leben auf der Erde vor ca. 3,8 Mrd. Jahren entweder von außen eingetragen wurde oder sich aus anorganischer über den Weg zu organischer Materie entwickelt hat. Die Suche nach "LUCA" (Last Universal Common Ancestor), unserem Urvorfahr, ist noch in vollem Gange. Einen sehr guten Überblick über den Stammbaum des Lebens bietet diese Seite.

7.1. Energie, Kohlenstoffkreislauf und Atmung

Die wesentlich beteiligten - allesamt nichtmetallischen - Atome sind "S C H O P N".

Die Chemie des Lebens, die man in heutiger Zeit vorfindet, betrachten wir nachstehend vor allem unter den Aspekten
Wasser findet sich auf der Erde in allen drei Aggregationszuständen (Eis, flüssiges Wasser, Wasserdampf) und stellt zusammen mit der oxidierten Form, nämlich Sauerstoff, eine wesentliche Grundlage für die Biochemie dar. Bedingt durch die hohe Polarität (polares Lösungsmittel,  Wasserstoffbrückenbindungen) und seine Dichteanomalie (höchste Dichte bei +4°C, damit kein Durchfrieren von Teichen und Seen) ist Wasser wirklich ein "Quell" des Lebens.

Gasförmiges Kohlendioxid (CO2) ist ein ubiquitärer Lieferant für die notwendigen Kohlenstoffatome. Hieraus entwickeln Lebewesen Glucose C6H12O6 und Stärke (C6H10O5)n, die ideal als chemische Energiespeicher dienen. Glucose wird über Pyruvat wiederum zu Kohlendioxid "veratmet". Dies führt zum Kohlenstoffkreislauf.

7.2. Lebensenergie von der Sonne wird durch Photosynthese eingefangen

Die ursprüngliche Lebensenergie kommt von der Sonne in Form von Strahlung. Dieser Zentralstern unseres Planetensystems liegt ca. 150.000.000 km von uns entfernt und seine durch Kernfusion (s.o.) erzeugte Strahlungsenergie treibt das Leben an. Die auf die Erde eingestrahlte Energie schwankt jahreszeitlich bedingt zwischen 1,32 und 1,42 Kilowatt pro Quadratmeter.

Durch Photosynthese in den Chloroplasten wird das durch seine gasförmige Ausbreitung leicht zur Verfügung stehende Kohlendioxid in die Kohlenhydrate Glucose und Stärke umgewandelt.

Die Photosynthese umfasst drei wesentliche Abschnitte:
1) Lichtenergie wird durch Farbstoffe (Chlorophyll, Carotinoid, Bacteriorhodopsin, Phycobilin) aufgenommen.
2) Die absorbierte Energie wird in chemische Energie umgewandelt.
3) Diese chemische Energie wird zur Synthese energiereicher organischer Verbindungen eingesetzt.

Als Reduktionsmittel für das Kohlendioxid können prinzipiell verschiedene wasserstoffhaltige Reduktionsmittel wie Wasser (H2O), Wasserstoff (H2), Schwefelwasserstoff (H2S) und sogar organische Moleküle wie Acetat oder Ethanol eingestzt werden. Algen und fast alle Landpflanzen verwenden ausschließlich Wasser (H2O) als Reduktionsmittel. Durch Oxidation von Wasser entsteht der für uns Menschen lebenswichtige Sauerstoff (oxygene Photosynthese). 

Im Zytoplasma und in den Mitochondrien wird Glucose, die gleichzeitig als Kohlenstoff- und chemischer Energiespeicher fungiert, in mehreren Schritten zurück zu Kohlendioxid und Wasser umgesetzt. Hierbei wird ein wesentlicher "Treibstoff" des Lebens, nämlich Adenosintriphosphat (ATP) aus Adenosindiphosphat (ADP) und Phosphat gebildet. Besonders interessant ist die Gewinnung des Wasserstoffs in Form von NADH/H+ im Citrat-Zyklus und die schrittweise Verwendung dieser Reduktionsäquivalente in der Atmungskette unter Gewinnung von ATP.

Beim Glucose-Abbau findet man bei Eukaryonten folgende vier Schritte:
1) Die Glykolyse verläuft im Zytoplasma und liefert Pyruvat.
2) Pyruvat wird unter Abspaltung von CO2 zu Acetyl-CoA (Coenzym A; eine andere Quelle des Acetyl-CoA ist übrigens der Fettsäure- oder Aminosäureabbau) umgesetzt. Dieser Schritt findet in der Matrix des Mitochondriums statt.
3) Im Citrat-Zyklus wird weiteres CO2 abgespalten. Der Wasserstoff des Pyruvats wird in das Reduktionsmittel NADH/H+ umgewandelt. Dies findet in der Matrix des Mitochondriums statt.
4) Der letzte Schritt verläuft in der inneren Membran des Mitochondriums durch Verwertung des NADH/H+ unter Oxidation mit Sauerstoff (Atmungskette).


Wer denkt, dass die Photosynthese nur bei Pflanzen vorkommt, dem sei das Studium der interessanten Meeresschnecke Elysia chlorotica empfohlen. Diese Schnecke frisst in ihrer Jugend grüne Algen und baut die Farbstoffe in ihre eigenen Zellen ein, um Photosynthese zu betreiben und auf diese Weise auch ohne organische Nahrung - also nur durch die Energie des Lichtes - zu überleben. Es handelt sich hierbei übrigens auch um einen horizontalen Gentransfer von einer Pflanze auf ein Tier. Die Pflanzeneigenschaften können allerdings noch nicht vererbt werden, sondern jede Schnecke muss sich diese erneut "anfressen".



7.3. Pyruvat als Endprodukt der Glykolyse und Kreuzungspunkt wichtiger "biochemical pathways"

Die Glykolyse als erster Schritt in der Verwertung der in der Glucose gespeicherten Energie ist ein evolutionär sehr alter "biochemical pathway", der vermutlich seit 3,5 Milliarden Jahren den Stoffwechsel auf der Erde universell prägt und sich bereits bei den ersten Prokaryoten fand. Die Glykolyse spaltet ein Molekül Glucose in zwei Moleküle Pyruvat und Wasser. Energetisch werden hierbei in Summe zwei Moleküle ATP erzeugt. Energetisch muss man auch die Erzeugung von NADH/H+ als chemisch gebundener Wasserstoff beachten, denn dieses biochemische  Reduktionsmittel kann letztendlich mit Sauerstoff unter Energiegewinn (ATP-Erzeugung) zu Wasser reagieren (siehe Atmungskette).

Glucose + 2 NAD+ + 2 ADP + 2 P  -->  2 Pyruvat + 2 NADH/H+ + 2 ATP + 2 H2O          ΔRGo' = - 85 kJ/mol

Eine Übersicht über die Einbettung in die Gesamtprozesse findet man z.B. hier und eine Animation hier.

Wichtige Stoffwechselwege "kreuzen" sich an diesem C3-Molekül und seinem Abbauprodukt Acetyl-CoA:

Siehe Biochemical Pathways: Glykolyse Lactat und Alanin Acetyl-CoA Fettsäureabbau