Einführungs-Tutorial zum Microsoft Flugsimulator 2004

von Dr. Erhard Henkes, 10.01.2007

Empfehlenswerte Links für Anfänger:
Flusi-Schule von Herbert Schatzl (leider schon etwas überholt bezüglich des aktuellen Flugsimulators)

Übersicht über die bisherigen Versionen des MS Flugsimulators: http://de.wikipedia.org/wiki/Microsoft_Flight_Simulator#Versionen


Einstieg mit der Cessna 172

Das Simulationsprogramm MS Flightsimulator 2004 (FS9) bietet Einsteigern in die Welt des "Fliegen am PC" reichhaltige Möglichkeiten, den Umgang mit Flugsteuerung, Navigation, Luftfahrt-Slang und sogar Flugsicherung kennen zu lernen. Darüber hinaus hat man die Möglichkleit, durch Veränderungen bzw. zusätzliche Programme in die Innereien des FS eintauchen. Nebenbei lernt man eine Menge über Geografie und die Historie des Fliegens, die in moderner Form im Jahre 1903 begann. Es gibt viele Fans und daurch eine hohe Zahl von - weitgehend freien - "Add-Ons", die dem Flugbegeisterten neue Flugzeuge, Szenerien oder Tools liefern.

Wer immer die neueste Version sein eigen nennen will, darf sich bereits mit dem FS X beschäftigen. Dieser ist aber bereits für Windows Vista und DirectX 10 entwickelt. Insbesondere wegen der Hardware-Leistung und der freien Add-Ons empfiehlt es sich den FS 2004 noch einige Zeit weiter zu verwenden, denn was nutzt das schönste FS-Programm, wenn es heftig "ruckelt" oder die gängigen Add-Ons nicht mehr "passen".

Damit eine Landung mit der Cessna 172SP Skyhawk nicht in einem üblen Crash endet, sollte man sich zunächst mit Instrumenten und Steuerungsmöglichkeiten dieses einmotorigen Flugzeugs ausgiebig beschäftigen. Für den FS9-Einsteiger ist dieses kleine Flugzeug ideal, da dieses rasch beherrscht werden kann.
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:               Im Anflug auf die Landebahn des Bremerton National Airports in der Nähe von Seattle.  
Rechts:             Etwas ist offenbar schief gegangen. Das Bugrad hat sich in die Landebahn "gebohrt"!


Über die Cessna 172SP Skyhawk erfahren wir folgende Details beim Auswählen dieses Flugzeugs im FS2004: 

"Sie ist ein robustes und verlässliches Flugzeug. Die meisten Piloten können wohl mindestens einige Flugstunden mit der Cessna 172 vorweisen, da sie das häufigste Flugzeug bei Flugzeugvermietungen und in Flugschulen ist. Seit der Fertigstellung des ersten Prototyps im Jahre 1955 wurden über 35.000 C172s hergestellt. Sie ist somit das beliebteste einmotorige Flugzeug der Welt. Als eines von Cessnas ersten Flugzeugen mit Dreibeinfahrwerk wurde die 172 schnell zum beliebtesten Flugzeug von immer mehr Berufspiloten. Ihre Zuverlässigkeit und einfache Bedienung (sowie die durchdachte Konstruktion und strukturelle Verbesserungen) sorgen dafür, dass ihre Beliebtheit seit mehr als 35 Jahre anhält."


Flugüberwachungsinstrumente

Damit uns nicht das Schicksal auf dem Bild rechts oben ereilt, werden wir uns zunächst das Armaturenbrett der Cessna etwas genauer zu Gemüte führen und die Instrumente analysieren. Wir versuchen zunächst, jede Anzeige und jeden Schalter grundsätzlich zu verstehen. Also beginnen wir:

Sechs Anzeigen gehören zur Kernausrüstung des virtuellen Armaturenbrettes.

Von oben links nach rechts unten sind dies:

Folgende physikalische Einheiten sollte man kennen:

1 Knoten =
1 Nautische Meile (NM) pro Stunde =
1,852 Kilometer pro Stunde

1 Fuß = 0,30479 Meter
1 FPM = 1 feet per minute

 


Ein voller Kreis verfügt über 360°.

Himmelsrichtungen:
Norden: 0 oder 360°,
Osten: 90°,
Süden: 180°,
Westen: 270°.

Beim Fahrtmesser gibt es noch eine Reihe farbiger Kennzeichnungen, die man beachten sollte:

weiß: Landehilfen (hier: Landeklappen, engl.: flaps) dürfen ausgefahren werden
Anfang des weißen Bogens
: Strömungsabriss bei ausgefahrenen Landeklappen und ausgefahrenem Fahrwerk (stall speed)

grün: Normalbereich
Anfang des grünen Bogens
: Strömungsabriss bei Leerlauf, eingefahrenen Landeklappen und eingefahrenem Fahrwerk
Ende des grünen Bogens
: Höchstgeschwindigkeit bei unruhigem Wetter

gelb: nur bei ruhigem Wetter zulässig

rote Markierung: Höchstgeschwindigkeit, die nicht überschritten werden darf, damit es zu keinen Schäden kommt!

Vielleicht erkennen Sie, dass die Geschwindigkeit des Landeanfluges (final) mit 100 Knoten recht schnell ist.
Sinnvoller ist es, unterhalb 85 Knoten zu bleiben, damit man Landehilfen ausfahren kann.

Insbesondere bei einem einmotorigen Flugzeug hat man auch stets die Anzeigen im Blick, die  Engine und Fuel betreffen.

Links oben sehen wir, dass unsere beiden Tanks noch gut gefüllt sind. Das ist bei einer Landung kein Vorteil. Manche Flugzeuge müssen sogar Treibstoff ablassen, bevor sie landen können. Die Anzeige erfolgt in "Gallonen". Hier muss man prinzipiell noch zwischen US Gallons (3,78 Liter) und Imperial Gallons (4,54 Liter) unterscheiden. Im Flugsimulator handelt es sich um US Gallons.

Die Anzeige daneben zeigt den Benzinfluß in Gallonen pro Stunde und die Abgastemperatur (EGT = Exhaust Gas Temperature). Die EGT ist wichtig zur Kontrolle der Gemischeinstellung Benzin/Luft.

Öltemperatur (hier in Grad Fahrenheit) und Öldruck unserer Antriebsmaschine sollten sich immer im grünen Bereich finden. Hier gilt: Spätestens ½ Minute nach Anlassen des Motors muss sich der Öldruck im grünen Bereich befinden, sonst erfolgen Schmierschäden! Wir verwenden Öl vom Typ HD (heavy duty), z.B. im Sommer SAE 50 und im Winter SAE 40.

Die Elektrik (Anzeige von Volt und Ampere) funktioniert offensichtlich gut. Die Spannung befindet sich im grünen (ca. 5 Volt) und die Stromstärke im vorgesehen Bereich.

 

  

Die Uhrzeit wird uns darüber angezeigt. Wir fliegen morgens um 09:22 Uhr.

Links daneben befindet sich Hauptschalter und Anzeige (gelb) für den Autopiloten (AP).

Die Warnung bezüglich des Treibstoffs sollte man ebenfalls beachten. Wir tanken kein Autobenzin, da dieses verharzt und nicht klopffest genug ist! Wir benötigen qualitativ hochwertiges Flugzeugbenzin (AVGAS). 

 

  

Funknavigationsinstrumente 

Unten rechts finden wir den Drehzalmesser. Der Normalbereich beträgt 2000 bis max. 2700 Umdrehungen pro Minute (rpm). Bei der Landung kann man mit etwa 1800 rpm anfliegen.

Ein wesentlicher Teil der Flugnavigation basiert auf der Funknavigation:

Die beiden runden Instrumente links (NAV1 und NAV2) und die Digitalanzeigen über dem Umschalter zwischen N1 und N2 sind für die Funknavigation mittels VOR (Very High Frequency Omnidirectional Range), DME (Distance Measuring Equipment) und ILS (Instrumenten-Lande-System) vorgesehen. Die Beschriftung des Einstellknopfes mit OBS bedeutet Omni Bearing Selector. Der Knopf dient zum Einstellen des gewünschten Kurses. Das TO/FROM/OFF-Signal (sieht aus wie ein Dreieck) zeigt an, ob der gewählte Kurs zur Station hin- oder wegführend ist.

Die Navigation mittels VOR findet im UKW-Bereich statt. Das Flugzeug hat dafür eine Empfangsantenne, einen UKW-Empfänger und ein Anzeigegerät NAV. Der Frequenzbereich reicht von 108.00 bis 117.95 MHz. Physikalisch wird die Phasenverschiebung des Umlauf- und Bezugssignals ausgewertet.

Beim unteren NAV2 sehen sie den einzigen Zeiger, den sogenannten CDI (Course Deviation Indicator). Diese Nadel zeigt die Abweichungsrichtung vom angepeilten Kurs, dem sogenannten Radial des VOR.

Ebenfalls für die Funknavigation dient das Instrument oben rechts, ein sogenanntes ADF (Automatic Direction Finder). Dieses System arbeitet mit Frequenzen zwischen 0,20 und 1,75 MHz. Die gelbe Nadel zeigt direkt in die Richtung des entsprechenden Senders. Die Beschriftung des Einstellknopfes mit HDG steht für Heading.

 

 

   

In unserem Fall ist beim ADF die Frequenz 206.0 kHz eingestellt.
Woher man diese Frequenz kennt?

FS 2004 hält Karten (über das Menü Umwelt - Karte erreichbar) bereit. Man muss in diesem Fall den Airport in der Karte deaktivieren, damit man die Frequenz lesen kann. Es handelt sich hierbei um ein NDB (Non Directional Beacon), also ein "ungerichtestes Funkfeuer". Die Kennung ist PWT, die Frequenz 206.0 kHz. Wir können dieses NDB über unser ADF anpeilen. Der grüne pfeilartige Korridor auf der Karte ist das ILS, dessen Frequenz 111.1 MHz beträgt. Die Peilung des Landekorridors lesen wir auf NAV1 (Instrument links oben) ab. Die vertikale Nadel zeigt die Abweichung in der Richtung, die horizontale Nadel die Abweichung in der Höhe. Man muss immer der Abweichungsrichtung der Nadel folgen, wenn man korrigieren will. Das ILS zeigt an, dass wir etwas höher fliegen müssen. Die Richtung stimmt. Da das NDB aus unserer Sicht links neben der Landebahn liegt, zeigt das ADF eine entsprechende Abweichung nach links (auf dem Bild ca. 15°) an. Hätte man bei diesem Airport noch ein DME zugeschaltet, so könnte man die Entfernung und die relative Geschwindigkeit zur VOR-Station in der Digitalanzeige ablesen.

Die Lampen mit den Buchstaben O M I (Outer Middle Inner) direkt unter der Temperaturanzeige zeigen Entfernungs-Markierungen beim Anflug auf den Airport an. Hat man ein Flugzeug mit einfahrbarem Fahrwerk (gear), so könnte man dies bei dem Outer Marker ausfahren. Unsere Cessna hat das Fahrwerk immer ausgefahren.

Links daneben befindet sich der Umschalter zwischen NAV und GPS (Global Positioning System).

Im unteren Bereich der Bedienoberflächen der Navigationsgeräte befindet sich die Einstellung des Autopiloten. Die Abkürzungen bedeuten AP = Autopilot (Hauptschalter), HDG = Heading (Kurs über Kurskreisel), NAV = Navigation (Kurs über NAV1 bzw. NAV2), APR = Approach (Anflugverfahren mittels ILS), REV = Reverse (Abflug mittels ILS), ALT = Altitude (Höhe halten bzw. anstreben).

 

 

Das Landen auf dem Bremerton Airport gelingt bei guter Sicht auch rein visuell ohne ILS und NAV1. Dafür hat der Flughafen ein optisches System, das mittels vier Leuchten rote oder weiße Signale sendet. Man befindet sich auf dem korrekten Gleitpfad, wenn man zwei rote und zwei weiße Leuchten sieht. Bei drei bzw. vier weißen Leuchten fliegt man zu hoch, bei drei bzw. vier roten Leuchten zu tief. Merke:

Dieses spezielle System nennt man PAPI (Precision Approach Path Indicator). Alternativ gibt es als optisches System mit rot und weiß z.B. auch VASI (Visual Approach Slope Indicator). Der typische Gleitwinkel für die Landung ist 3° und entspricht 300 Fuß pro nautischer Meile (NM). Wenn wir also mit 60 kn (= 1 NM pro Minute) fliegen würden, müssten wir mit 300 fpm sinken, bei 90 kn mit 450 fpm

 

 

Schalter

Wenden wir uns nun den Schaltern zu, die unsere Cessna zu bieten hat. Links ist der Starter für den Motor: OFF (Motor aus), R (rechter Zündmagnet), L (linker Zündmagnet), BOTH (beide Zündmagnete), START (Motor anlassen).

 

Nach den Hauptenergieschaltern (wichtig bei Notlandungen, um elektrische Zündfunken zu vermeiden) und dem Schalter für die Kraftstoffpumpe finden sich die Lichtschalter. PITOT HEAT ist bei Kälte und Nässe wichtig und schützt vor Vereisung, kostet aber etwas Leistung. AVIONICS schaltet das Radio Rack ein und aus.

PITCH "trimmt" das Flugzeug. Hierdurch kann man eine Lage stabiliseren. Damit muss man das Steuerhorn nicht ständig ziehen. Man trimmt typischerweise für den stabilen Horizontalflug.

Der nächste Schalter bestimmt aus welchen Tanks der Treibstoff gefördert wird (Left, Both, Right). Mit dem Throttle gibt man Gas, und MIX steuert die Gemischzusammensetzung aus Benzin und Luft. Man muss daran denken, dass bei zunehmender Höhe die Luft dünner (also sauerstoffärmer) wird und damit das richtige Verhältnis für die Verbrennung (Oxidation) der Kohlenwasserstoffe im Flugbenzin nachgeregelt werden muss. Dies erfolgt unter Beobachtung von Leistung, Benzinverbrauch und Abgastemperatur (EGT). 


Die Flaps (Landeklappen) unterstützen die Landung, da sie den Auftrieb erhöhen. Man hat in der Cessna die vier Einstellungen 0° (UP), 10°, 20° und 30° (FULL).


Einstieg - Starten und Landen - Wiederholung und Analyse unter verschiedenen Bedingungen macht den Meister

Die Cessna ist das ideale Einstiegsflugzeug. Der Start gelingt auf kurzen Pisten (Runway) und die Landung erfolgt ausreichend gemächlich, so dass man als Einsteiger nicht sofort überfordert ist. Man sollte versuchen, eine Landung möglichst korrekt durchzuführen. Gefummel ist hier nicht der richtige Weg. Wenn die Landung nicht sicher möglich ist, bricht man diese ab und führt einen "go-around" durch. Nach der Landung führt der Weg über sogenannte taxiways zum Parkplatz oder Hangar. Ein richtiges Gate benötigen wir mit der Cessna nicht.

Im Flugsimulator findet man einen Fluglehrer, der den Einsteiger (leider etwas monoton) zum ersten Alleinflug in einer Platzrunde (traffic circuit) bringt. Das sollte man tatsächlich durchhalten. Wenn Sie den richtigen Gleitwinkel bei der Landung beachten, erhalten Sie sogar ein virtuelles Zeugnis.

Führen Sie Landungen bei den verschiedenen Tages- und Jahreszeiten sowie bei unterschiedlichen Windrichtungen und Sichtbedingungen durch. FS 2004 bietet Ihnen eine reichhaltige Auswahl an definierten Wetterlagen bis hin zum realen Wetter, das ständig aus dem Internet nachgeladen werden kann.


Ein Pilot wird immer noch benötigt

Das sollten Sie nie machen:
23.11.1997: Ein leeres, einmotoriges Kleinflugzeug startete ohne Pilot und stieg bis ca. 11000 ft. Höhe nahe Urbana, Ohio. Sowohl ein Polizeihubschrauber wie ein anderes Flugzeug verfolgten die Maschine. Nach ca. 90 Minuten stürzte das Flugzeug auf einem Acker ab.
Ursache: Der Pilot hatte den Propeller mit der Hand angeworfen.

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