Dr. Erhard Henkes  08.07.2022

Vierpunktameise (Dolichoderus quadripunctatus, Linnaeus, 1771)

Ihr Verbreitungsgebiet dehnt sich von Südeuropa über Mitteleuropa bis hoch nach Skandinavien aus.

Über ihre Lebensweise ist wenig bekannt. Daher freut es mich besonders dieser faszinierenden Ameise makro-fotografisch näher kommen zu dürfen. Glücklicherweise muss ich nicht auf Bäume klettern, sondern kann sie in unserem Efeu, das eine Betonwand kaschiert, beobachten. Als wärmeliebende Art beginnt ihre Aktivität erst ab 18 bis 20°C. Daher findet man sie im Freien vor allem im Sommer.

Diese Ameisenart, die aktuell in Deutschland als "gefährdet" gilt (Rote Liste, Kategorie 3), entdeckte ich zufällig im Rahmen von Makro-Aufnahmen (2013/14) in unserem Garten in Südhessen. Danach war sie für mich verschwunden. Durch Zufall entdeckte ich sie erneut im Juni 2022 im Efeu in der Nähe der alten Stelle.  

In Deutschland gibt es offenbar drei Drüsenameisen: Tapinoma erraticum, Tapinoma ambiguum und Dolichoderus quadripunctatus.

Die Vierpunktameise benötigt weiches Holz für den Nestbau, z.B. alte, morsche Baumstümpfe. 

Der Ameisenstaat funktioniert nach Berichten monogyn, i.e. es gibt nur eine Königin im Nest, deren Größe 4,5 bis 5 mm beträgt. Allerdings findet man auch Beschreibungen, die auf eine polygyne Lebensweise hindeuten. Die Arbeiterinnen sind 3 bis 4 mm groß. Kopf und Gaster (Abdomen) sind schwarz, der Thorax ist rot bis braun. Die Männchen messen 4 bis 5 mm und sind schwarz und schlank. Soweit bekannt, gibt es keine Soldaten.

Charakteristisch sind vier helle, gelbliche Punkte auf dem Gaster. Diese entstehen durch pigmentlose Stellen des Abdomen, sodass das darunter liegende (Fett-)gewebe sichtbar wird.

Die Völker umfassen nur einige Hundert Ameisen, sind damit klein. Die Lebensweise ist arbicol, i.e. Nester sind unter Borken oder in Totholzgängen (z.B. von anderen Insekten gegraben). Morsches Holz, alte Holzbalken sind typische Plätze. Man findet sie eher auf Bäumen oder in der Höhe, weniger auf dem Boden. Daher ist sie fotografisch nicht häufig dokumentiert. Zum Erkennen benötigt man schon eine Lupe, für Fotografien benötigt man gute Makro-Objektive.

Alle Ameisen, die sie hier nachfolgend sehen, wurden von mir natürlich real live und freihand fotografiert, also keine Leichen!

Hier erkennt man vor allem den Kopfbereich mit Facettenaugen und den Thorax mit ausreichender Schärfe.

Kopf und Thorax (von oben) und vor allem die vier durchscheinenden Flecken, die ihr den Namen geben und ihr Erkennungszeichen (mit Lupe) sind, zeigt dieses Foto. Man erkennt hier gut die Farbverteilung (Kopf und Hinterleib dunkel bis schwarz, Thorax rot bis braun, etc.

Die Ameisen sind ständig in Bewegung. Daher ist es nicht leicht, eine scharfe Frontalaufnahme zu ergattern, die den Mundbereich sichtbar macht. Im Vordergrund befinden sich Röhrenblattläuse, die am Efeu saugen. Die Ameise dürfte an den zuckerhaltigen Ausscheidungen am Anus interessiert sein. Die Röhren der Blattläuse sondern Abwehrsekrete ab, die die Ameisen offenbar nicht stören.

Eine Seitenaufnahme zeigt die vier duchscheinenden Flecken, den Thorax, die Beine und den Kopfbereich.

Fühler, Greifer, Beinenden ("Füße") kann man hier erkennen. Interessant finde ich die durchscheinenden Gliedmaßen.

Die vier Flecken/Punkte und das dahinter liegende Innenleben sind hier gut dargestellt. Die Ameise interessiert sich hier für ein gelbes Wesen auf dem Efeublatt, das ich nicht genau identifizieren kann. Oben rechts könnte es sich um zwei Augen handeln. Eine Schnecke? Vielleicht sondert es zuckerhaltigen Schleim ab.

Dieses Makro-Foto (mit 100 mm Makro, starker Crop) nahm ich im Juni 2022 - bei der Wiederentdeckung - zur Identifizierung auf. Die vier Flecken sind glücklicherweise klar erkennbar, und wieder ist da etwas Gelbes, das die Ameise interessiert. Man erkennt an der geringen Auflösung des Fotoausschnittes, dass man Ameisen mit einem Lupenobjektiv (z.B. MP E-65 von Canon) aufnehmen muss, um qualitativ hochwertige Bilder zu erzielen.

 

Die Vierpunktameise von oben gesehen.

 

Die Größe der Ameise (und der Blattläuse) im Verhältnis zum frischen Efeutrieb, der den Läusen Saft und der Ameise indirekt Zucker liefert kann man hier recht gut abschätzen.

Wieviele Facetten besitzt das Ameisenauge? Mittels der Fotos müsste man das abschätzen können.

Die Vierpunktameise an der Spitze des frischen Efeutriebs.

Die "Haustiere" der Vierpunktameisen, nämlich die Röhrenblattläuse erkennt man hier recht gut. Die Läuse sind ca. einen Millimeter lang. Die "Röhren" (Siphunculi) am Hinterleib können Verteidigungsflüssigkeit abscheiden. Diese Blattläuse benötigen die Aminosäuren des Pflanzensaftes. Überschüssige Kohlenhydrate, die sie nicht brauchen, scheiden sie am Anus aus, und genau diese "Zucker" benötigen die Ameisen. Die Ameisen sind natürlich auch ein guter Schutz für die Blattläuse, eine prächtige Symbiose.

Das Facettenauge ist hier gut erkennbar. Bitte abzählen.

Hier noch eine nachgeschärfte Vegrößerung des Auges zum leichteren Abzählen. Ich schätze ca. 100 bis 130 Facetten.  

Hier sieht man zwei Exemplare im Größenvergleich zum Efeublatt.

Ameisen und Blattläuse, ein echtes Dream Team. Die Vierpunktameisen sind dabei ständig in Bewegung. Man fragt sich, was sie mit dieser Herumflitzerei eigentlich bewirken. Hier sieht man den Übergang vom Thorax zum Kopf recht gut.

Wir sollten der Natur vertrauen, dass es den Blattläusen bei ihren Beherrschern gut geht.